Neu - Das Projekt
Aktualisiert: 5. Jan.
Die Idee ist eigentlich ganz simpel - ich will
mehr schreiben
mehr Kunst sehen
mehr Kunstformen mischen.
Das Problem ist - dafür brauche ich
konkrete Ziele
Deadlines und Druck
ein klares Projekt.
Die geniale Lösung ist -
ich gehe 1x im Monat in ein Museum, eine Ausstellung.
suche mir ein Werk aus und schreibe dazu etwas,
das ich dann in ein (Instagram) Video packe.
Und damit war das Projekt NEU geboren.
Alle 12 Texte werden sich um das Thema Neu drehen. Alle 12 Texte werden ohne Verkünstelung rausgehauen.
Es geht darum ins Machen zu kommen
und darum, Spaß zu haben.

Januar
Das Neue liegt nackt vor dir,
mit gespreizten Beinen, die Haare fließen
über die sanfte Haut.
Sie schaut dich nicht an,
sagt nichts, erwartet dich nur
anmutig -
Sie ist eine Einladung.
Das Neue will dich,
lockt dich mit Traumbildern.
Sie ist Jasmin und wildes Meeresrauschen,
betörend und ungezähmt.
Das Neue sitzt nackt vor dir
doch enthüllt sich dir nicht.
Verfalle ihr, gib dich ihr hin
und sie wird dir ihre Geheimnisse verraten.
Zermalme sie zwischen deinen Fingern,
entlocke ihr ihren Duft.
Neu neu neu
soll alles werden.
Das Kunstwerk dazu:
Der Tag von Ferdinand Hodler

FEBRUAR
I am fierce
I am ferocious.
Large and looming, dark and omnious,
towering over you.
You may come at me, timid
but I'll come at you like a storm.
Don't worry -
I like to devour
and will spit you out once I'm done with you.
I'll swirl you around
until you're consumed by me.
I am the New.
You don't get to tame me.
I'm unbound and free and
I smear the boundaries left and right.
You thought you could control me?
how cute -
We both know we're never apart
so hush now, come on closer.
Das Kunstwerk dazu:
Schriftzeichen 'Gō' von Inoue Yūichi

März
Schwärme bewegen sich, ziehen weiter, formieren sich neu.
Gemeinsam trotzen sie dem Wind.
Mit dem Schwarm zieht etwas Neues heran,
unbeirrbar, unabwendbar.
Das Neue muss in einen kleinen Rucksack passen und wiegt dabei doch Tonnenschwer.
Manchmal schmeckt das Neue schal, verzweifelt willst du es ausspucken. Aber es bleibt dabei: das hast du dir nicht ausgesucht.
Egal ob die Zunge mehr Kehllaute macht
Egal ob die Hände wilder gestikulieren,
der Modegeschmack schriller oder bedeckter ist -
Es steckt dahinter die gleiche Sehnsucht.
Wo finde ich ein Entgegenkommen?
Ich bin - das Herz, das dich zu meinen Freunden einlädt.
Du bist - der Mund, der die versteckten Sitten deines Landes erklärt.
Er, sie, es ist - die Hand, die den Mietvertrag trotz Mohamed im Namen unterschreibt.
Das ist es. Das ist das Entgegenkommen.
Das Kunstwerk dazu: (Kindness) of (strangers) von Alfredo Jaar


April
Der Pinsel zittert als er aufsetzt.
Der Strich ist wacklig, unsicher der Griff und lange die Pausen zwischen den Strichen.
Die Neugier hat ihn hierher gelockt -
wie sieht die Welt hinter den mir gesteckten Grenzen aus?
Er folgt einer Idee, wie einer Laterne im Dunklen. Zaghaft setzt er Schritt für Schritt. Er kann nicht anders, er muss ihr nach, sie macht ihn froh. Jede Pore in ihm weiß: Er ist etwas Großem auf der Spur.
An seinen Fingerspitzen bricht sich etwas Neues, nie dagewesenes, Bahn.
Der Pinsel setzt mit Schwung auf, der Strich ist kräftig, die Hand zielsicher und wie im Fluss wird ein Strich, ein Strich, ein Strich gesetzt.
Das Kunstwerk dazu:
Nachmittag im Garten von Henri Edmond Cross


Mai
Ich bin mit Blindheit geschlagen.
Meine Augen haben noch nie gesehen,
die Farben mit denen
unser koloniales Erbe gezeichnet ist.
Gleichzeitig
zeig ich verächtlich mit meinem Finger auf andere,
wie sehr sie doch ihre Augen vor ihrer Schuld verschließen.
Nur klebt an meinem ausgestreckten Finger Blut.
Und dann ist da dieser Thron -
und so wie ich von ihm beeindruckt bin,
so waren es die Deutschen damals auch.
Der Thron gehörte Njoya und Njoya schenkte den Thron Kaiser Wilhelm II -
das ist die offizielle Geschichte.
Der Thron gehörte Njoya und er weigerte sich ihn zu verschenken, bis er es doch irgendwann in die Ecke gedrängt tat -
das ist vermutlich die wahre Geschichte.
Ich brauche eine neue Sicht auf das Vergangene
und andere, die sie mir eröffnen -
auf das unsere Augen sich trauen zu sehen.
Das Kunstwerk dazu:
Künstler unbekannt - Thron und Fußbank von Mandu Yenu


Juni
Dear Lee,
I think you're pretty cool. You were a badass artist lady. Even the men respected you, in a time where women ought to cook instead of paint. You and Pollock were this power artist couple - where, I must say, I find you were the greater one. What I don't understand though is how you pushed his career more than yours, you managed, connected and supported him, and at the same time you put yourself in his shadow. Was it safe to hide there? And why the hell did others keep you small? This is so frustrating to see. You are just one example of women going unnoticed and it makes me mad. We've got to redraw the outline of art history. You women had guts, courageous ideas and stamina to follow them. Lee - you've showed me that I need a new way of looking at women in art.
Das Kunstwerk dazu:
Through Blue von Lee Krasner

Das Video dazu:
Juli
Ich pack dich hinter Glas,
starr und unbeweglich und dabei bist du
ein Moment, ein Wimpernschlag.
Doch nun bist du eingefangen.
Dieser flüchtige Moment reicht mir nicht,
ich muss dich einfrieren.
Doch du bist Bewegung, Pulsschlag, Blut das durch Adern strömt,
warme Haut, lachen und Zähne zeigen, rennen und die Halme an den Beinen spüren.
Dann ein Klick und du bleibst stehen.
Nur wenn ich dir zugestehe
das du mir wieder neu wirst,
erst dann lieb ich dich.
Das Kunstwerk dazu: Analog Fotografien in Hollywood von George Hoyningen-Huene

