Rot ist einfach rot. Oder nicht? Magenta, Scharlach, Koralle, Kirschrot weich, leuchtend, satt, kühl, kräftig.
Ich schaue hin und merke es tummeln sich so viele Zwischentöne hinter diesem einen Wort “rot”
und sie sind alle wunderschön
und soanders zu einander
und das ist alles
rot.
Rot ist nicht einfach rot.
Wut ist nicht einfach Wut.
Wut kann heiß aufschäumen, wie Zwiebeln, die in zischendes Öl fallen, sie kann stundenlang leise vor sich hin köcheln. Sie ist gleissendes, blendendes rot oder dunkles, gefährliches rostbraun. Wut ist schrill, leise pfeifend oder tropfend.
Ich sitze hier mit ungeöffneten Farbtöpfen,
werde neugierig.
All diese Zwischentöne, die Deckel sind farbverschmiert
und ich will mich ausprobieren, jeden Farbtopf öffnen,
kräftig umrühren und sehen, wie die Farbe auf der Leinwand aussieht.
Ist das Verärgerung oder Empörung?
Was für einen Ton hat meine passiv aggressive Wut und was ist, wenn ich sie mit Groll mische? Missmut, Verachtung und anklagende Wut - fließen sie ineinander oder nicht?
Der erste Farbtopf öffnet sich widerstandslos.
Ich fange an, es geht los
und du bist eingeladen, nimm dir einen Stift
denn hier sind Leerstellen, die gefüllt werden dürfen.
Du bist eingeladen die Farben mit umzurühren,
sie auf Leinwand zu klatschen
und dich mit mir den Zwischentönen
der Wut zu nähern.
Hier sind ein paar Buch- und Podcastempfehlungen rund ums Thema Wut
Frauen und Wut
Mir begegnet es oft, dass ich als Frau weniger ernst genommen werde oder es geächtet wird, wenn ich meine Wut offen und laut zeige.
Deswegen hier ein Text, in dem ich einen Mittelfinger an diese Mentalität ausstrecke:
Nenn mich doch hysterisch.
Nenn mich dominant - ich fletsche dir die Zähne.
Ja komm, sag das ich dabei hässlich aussehe -
Ich strecke dir den Mittelfinger entgegen.
Das ziemt sich nicht für eine Frau, ja
genau, das steht uns nicht zu.
Denkst du, ich lasse mich an der Leine halten?
Lächerlich,
ich fletsche dir nochmal die Zähne.
Na, windest du dich vor meiner Wut?
Unangenehm, mich so zu sehen?
Ja das ist es und ich mache es trotzdem.
Du brauchst mir nicht kommen mit
“Jetzt mal ruhig, du regst dich ja wieder unnötig auf.”
Das schmeißt du mir nur vor die Füße
wenn es dir brenzlig wird,
willst mich klein halten,
aber diese Zeiten sind vorbei.
Du kriegst mich nur in ungezähmt,
Ich stehe hier und lasse dich nicht an mir vorbei.
Mache dir den Haka, fletsche dir die Zähne.
Ja, nenn mich doch hysterisch
Ich finde nichts Schlimmes daran
eine wütende Frau zu sein.
Eierschalentanz
Illustration von Hanna Changoer
Ich tanze den Eierschalentanz.
Habe Eierschalen unter meine Füße gebunden Frag mich nicht wieso, das gehört sich einfach so, sagt man mir jedenfalls.
Dieser Tanz ist beliebt, glaub mir,
Sobald du den tanzt, klatschen sie dir zu,
Ja, dann mögen sie dich. Augen leuchten auf,
Köpfe drehen sich dir zu,
Kein böses Wort kommt über ihre Lippen.
Schau nur wie sie tanzt, so graziös, so feminin,
Ach so nett.
Eierschalentanz, dank dir trete ich leise auf,
Niemanden anrempeln, Schultern hochgezogen,
Augen rechts und links, tanzen ja, nur nicht so wild,
Die Hüften nicht zu sinnlich bewegen, schön grau bleiben,
Tanzen ohne zu sehr zu tanzen,
Da sein und doch unsichtbar,
Wütend aber bitte leise.
Ein Eierschalentanz,
ich schwenk die Arme, du denkst ich tanze frei -
Siehst nicht die bedachten, kontrollierten Bewegungen,
Siehst nicht wie ich beobachte, wie andere mich beobachten,
Siehst nicht die Eierschalen unter meinen Füßen
und die Angst falsche Schritte zu machen,
Jemandem auf die Füße zu treten,
Zu laut, zu hässlich zu sein,
Behutsam laufe ich nur.
Wenn du wüsstest.
Wüsstest, wie ich ohne Eierschalen abgehen kann.
Alles was wild und ungehemmt ist, ist doch schön!
Der Wind peitscht mir entgegen,
Mein Puls rauscht in meinen Ohren und
Es ist nicht alles elegant.
Ja, die Bewegungen sind chaotisch, unkoordiniert, unbeholfen.
Ja.Und? Wen kümmert es?
Wirklich.
Wen kümmert es?
Ich kreise meine Hüften langsam und werde immer schneller,
fallen lassen, fließen, alles im Fluss,
Alles muss raus,
Es gibt kein Halten, keine Choreografie und keine Scham mehr.
Ich setze meine Füße mit Wucht auf den Boden,
Lass es krachen,
Ich tanze, ja mit Eierschalen, doch die sind kaputt,
Hängen mir in Fetzen weiterhin unter den Füßen
Doch wen kümmert es.
Ich nehme sie mit,
Sie bleiben ein Teil von mir,
Doch so tanze ich jetzt wilder und ungehemmt
und trete anderen auf die Füße, entschuldige mich lächelnd bei ihnen,
Ich remple an und mache so neue Bekanntschaften.
Ich mache falsche Schritte und lache dabei,
Beobachte nicht dich, sondern wie es sich in mir anfühlt.
Ja ich bin weniger adrett und manche störts,
Doch denen werfe ich lächelnd
eine Kusshand rüber.
Liebe Tabitha, das was ich an deiner Lesekost schätze ist, dass sie interessant, alltagstauglich, ermunternd & wärmend schmeckt - Merci! 😉
Shalom & frohe Fest & Feier Tage mit viel Glück für 2025 wünsche ich Dir!
Martin